Artikel 1 GG

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Da saßen wir nun zu dritt in meinem Büro. Eine Dolmetscherin und eine Frau, die vermutlich entweder der Sippe der Sinti oder Roma angehörte. Die Frau war laut ihrem Pass einundzwanzig Jahre alt und hatte ihren Säugling dabei. Es gab zu dieser Zeit eine Dienstanweisung, aus der hervor ging, dass festgenommene Personen aus diesem Kulturkreis vollständig zu entkleiden sind und ihnen statt ihrer eigenen Textilien Trainingsanzüge der Polizei zur Verfügung zu stellen sind.
Der Grund für diese Anweisung bestand darin, dass sich Straftäter und Straftäterinnen dieser Herkunft, im Regelfall wegen Diebstahls aller Art festgestellt, allerlei unschöne Sachen in den Anziehsachen versteckten. Da fanden sich Nadeln, Rasierklingen, kleine Tütchen mit Kot, versteckte Messer u.s.w.. in den verstecktesten Stellen der Kleidung.

Die Augen der Frau leuchteten mich hasserfüllt an und ich wusste, dass sie keinerlei Lust hatte, mit mir auch nur ein einziges Wort zu wechseln. Aber wir kamen ja nun einmal beide nicht daran vorbei, vernehmen musste ich sie. Der Trainingsanzug war ihr viel zu groß. Schon beim Betreten des Raums hatte sie Mühe, die Hose unter unter Kontrolle zu behalten, den Säugling festzuhalten und auch noch die Jacke ohne Reißverschluss geschlossen zu halten.

Als sie erst einmal saß, legte sie ihr Kind an und ließ provokant die Jacke offen, so dass ich ihre Brüste sehen konnte oder musste. Wir hatten so unsere ganz eigenen Erfahrungen mit diesen Frauen. Einer der Kollegen hatte nicht aufgepasst. Die Festgenommene spielte konsequent während der Vernehmung an ihrer Scheide und fasste plötzlich dem Kollegen mit der Hand ins Gesicht. Der musste vor Ekel den Dienst an diesem Tag vorzeitig quittieren.
Kulturkreis hin oder her, eines stand fest, wir kamen auf jeden Fall aus unterschiedlichen Kulturen. Ein erfahrener Kollege hatte mir einmal einen Trick beigebracht, der zwar vollkommen illegal war, jedoch sich als sehr wirkungsvoll erwiesen hatte.
In den Pass hatte ich ein gefaltetes Papier eingelegt. Als ich sie nun fragte, wo sie sich aufhalten würde, bekam ich erwartungsgemäß keine Antwort. Jetzt war ich am Zuge. Ich sagte ihr über die Dolmetscherin, dass ich eine Seite nach der anderen aus dem Pass heraus reißen würde, wenn sie mir keine Antwort geben würde. Natürlich zerriss ich nur das eingelegte Papier. Das Ergebnis war phänomenal. Nachdem sie merkte, dass ihre Verwünschungen mit Unterstützung der Schwarzen Madonna nichts brachten, ich auch nicht vor Pest und Buckel zurück zuckte, rückte sie die Adresse eines Heimes heraus. So beendete ich zufrieden die Vernehmung und den Tag. Ich freute mich auf ein Bier mit einem alten Freund.

Mein Freund hatte einen ehemaligen Kollegen im Schlepptau, der gerade frisch pensioniert worden war. Er berichtete davon, dass er sich an Amnesty International gewandt hatte, da er es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren konnte, wie mit den Sinti und Roma aktuell umgegangen würde. Zwar sei die Dienstanweisung durchaus berechtigt, aber man müsse dann gewährleisten können, dass adäquate menschenwürdige Kleidung zur Verfügung stehen würde. Es könne nicht sein, dass die Menschen ein Bild abgeben würden, wie damals die Angeklagten vor dem Volksgerichtshof.

Der Mann, gute dreißig Jahre älter als ich, hinterließ mich sehr nachdenklich und ich dachte mit Sorge an den kommenden Arbeitstag. Wie schnell war ich bereit gewesen, gegen den absoluten verbindlichen Grundsatz des Grundgesetzes zu verstoßen: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Ich hatte an diesem Tag etwas über das Dritte Reich gelernt, was mir keine Unterrichtsstunde hätte vermitteln können.

gewidmet: Günther und Poddi

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